Tipps
Sich begegnen – und spielen
Bei internationalen Begegnungen treffen junge Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufeinander – dies ist manchmal auf den ersten Blick kaum zu sehen. Aber jeder der Teilnehmer bringt zu so einem Treffen gewissermaßen sein „unsichtbares Gepäck“ mit: Gewohnheiten, eine Vorstellung von dem, was im eigenen Umfeld als „normal“ gilt, Umgangsformen, Regeln. Ob die Teilnehmer nun aus unterschiedlichen Ländern oder Umfeldern kommen: Jeder trägt Teile der Kultur in sich, zu der er gehört. Das ist es ja gerade, was solche Begegnungen so spannend und einzigartig macht!
Sinn und Ziel von internationaler Jugendarbeit ist es, die jeweils andere Kultur kennenzulernen und dadurch auch die eigene zu verstehen und zu erkennen, dass das Bekannte nicht das einzig Wertvolle und Richtige ist. So werden Respekt, Toleranz, Zusammengehörigkeit und Verantwortungsbewusstsein aller Beteiligten gefördert.
Richtige Begegnung kann nur auf Augenhöhe stattfinden. Spielen bietet dazu die allerbesten Voraussetzungen: Im Spiel sind in der Regel alle Spieler gleich. Für alle gelten dieselben Grundsätze und derselbe Rahmen, alle werden auf dieselbe Art und Weise aufgefordert, aktiv zu sein.
Mit Spielen können viele unterschiedliche Wirkungen erzielt werden:
Aufmerksamkeit steigern, Ausgleich, Kennenlernen,
Zusammenarbeit in der Gruppe fördern,
Spaß haben, zusammen lachen, Gemeinschaft stärken,
schwer vorstellbare Realitäten greifbarer machen,
Neue Perspektiven gewinnen, Auswerten,
Inhalte spielerisch (schneller) lernen, Ergebnisse formulieren,
Sprachen lernen, Erinnerungen festhalten, Interesse wecken,
Kommunikation fördern, Erfahrungen machen, Stimmungen schaffen,
Meinungen formulieren und austauschen
Bei der Planung einer Veranstaltung mit einer Gruppe lohnt es sich, im Programm von vorne herein Zeit zum Spielen einzuplanen. Gut eingesetzte Spiele können eine überraschend starke Wirkung haben.
Hinweis: Die Publikation Eurogames enthält eine Liste von Spielen, die sich besonders für internationale Gruppen eignen, sie zählt jene Spiele auf, die auch dann gespielt werden können, wenn keine gemeinsame Sprache genutzt werden kann. Die Spiele sind dabei nach den unterschiedlichen Phasen, die während einer Begegnung durchlaufen werden.
Die richtigen Spiele auswählen
Ein Begegnungsprogramm ist oft nach einem solchen oder ähnlichen Schema aufgebaut.
Je mehr Erfahrung ein Leiter hat, desto leichter fällt es ihm, die richtigen Methoden intuitiv und gezielt einzusetzen. Allen, die ihr Abenteuer mit internationalen Gruppen erst beginnen, möchten wir einige Tipps an die Hand geben:
Anfang
Aller Anfang ist… das Allerwichtigste!
Wer eine Begegnung vorbereitet, sollte dabei immer im Hinterkopf haben, wie wichtig es ist, dass die Teilnehmer sich wirklich gut kennenlernen. Von dem Beginn einer Veranstaltung hängt ihr gesamter weiterer Verlauf ab: Die Teilnehmer bilden sich nun eine Meinung über das Programm, die Gruppe und die Leiter. Es werden Regeln formuliert, geschriebene und ungeschriebene Gesetze über die Atmosphäre, den Umgang miteinander, Pünktlichkeit, Konzentration, Empfindlichkeit für die Gruppe, Aufmerksamkeit und so weiter.
Spiele zum Beginn helfen beim Erlernen der Namen, leiten die Teilnehmer an, etwas über sich preiszugeben und Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen. Sie können sich gegenseitig „beäugen“ und sich selbst vorstellen.
Die Namen der anderen zu kennen erleichtert den persönlichen Kontakt, baut Berührungsängste ab und macht Gesprächseinstiege einfacher.
Meistens erlernen die Teilnehmer nicht schon am ersten Tag alle Namen, deshalb können und sollten Namensspiele auch an den folgenden Tagen gespielt werden.
Alle Teilnehmer bringen persönliche Fragen, Erwartungen, aber auch Ängste und Vorurteile in eine Gruppe mit, denen man gleich zu Beginn Raum geben sollte. Dann nämlich kann die Gruppe sich danach unbekümmert dem Programm widmen. Optimal wäre es so:
Meistens möchten die Teilnehmer ihrem Instinkt folgen, sich mit denen zusammenzutun, die ihnen ähnlich sind oder dieselbe Sprache sprechen – ein ganz natürliches Verhalten, das sich gelegentlich schwer durchbrechen lässt.
Spiele helfen in einer großen Gruppe dabei, die Namen und einige Grundinformationen über jede Person aufzuschnappen. Eine einfache Methode kann es ermöglichen, die einzelnen Gruppierungen zu durchmischen: Für mindestens eine Übung zu Beginn wird die Gruppe in Paare aufgeteilt, so dass jeder zunächst die Gelegenheit hat, genau eine bisher unbekannte Person (aus einem anderen Land) besser kennenzulernen. Im nächsten Schritt können dann immer zwei dieser Paare zusammen eine Aufgabe lösen. So kann eine größere Gruppe schrittweise aufgelockert werden.
Einige Methoden laden die Teilnehmer dazu ein, ihre Erwartungen und Befürchtungen bezüglich der gemeinsam verbrachten Zeit mit der Gruppe zu teilen. Damit können alle schon zu Beginn feststellen, welche Ziele sie für die gemeinsame Zeit haben. Oft formulieren die Teilnehmenden an dieser Stelle auch Wünsche über den Umgang in der Gruppe. Es lohnt sich, diesen Fragen Zeit zu widmen, denn für die Teilnehmer wird hier sichtbar: „Ich werde gehört und ernst genommen!“.
Einige Spiele bringen Bewegung und gute Laune in die Gruppe, es wird viel gelacht und das lockert die Atmosphäre. Solange die Teilnehmer sich jedoch noch nicht gut kennen, sollte auf zu viel Körperkontakt verzichtet werden!
Mittendrin
Ist der Anfang erstmal gemacht, können Spiele dazu genutzt werden, gemeinsam Themen zu bearbeiten. Es gibt Übungen, die gewissermaßen „Skelette“ darstellen, sie können mit beliebigen Inhalten gefüllt werden.
Internationale Begegnungen bieten eine außerordentlich wertvolle Gelegenheit, im Austausch mit anderen Menschen Gemeinsamkeiten und Unterschiede festzustellen. Oft erkennen die Teilnehmenden dabei auch erst, was ihre eigene Kultur ausmacht. Spiele zum Inhalt ermöglichen es allen Gruppenmitgliedern, Standpunkte zu beziehen und sich am Austausch zu beteiligen.
Andere Spiele animieren dazu, Wörter in einer anderen Sprache zu lernen. Im Kontakt mit Menschen aus anderen Ländern reicht dies meist schon aus, um Interesse und Offenheit zu signalisieren. Wenn ein Fremder uns in der eigenen Sprach anspricht, ist er gleich ein bisschen weniger fremd. Außerdem können Vokabeln oder Wendungen in der Sprache des Gastlandes der Gruppe tatsächlich bei der Orientierung helfen.
Eine Methode muss her, um die Gruppenmitglieder einander näher zu bringen? Spiele zur Integration der Gruppe helfen den Teilnehmern, ihre gegenseitige Achtsamkeit zu schärfen und zu lernen, alle in die Gruppe einzubinden.
Empfehlung: Es lohnt sich, im Programm einen Spielabend einzuplanen. Spiele müssen übrigens nicht immer vom Veranstaltungsleiter angeleitet werden. Finden sich in der Gruppe Teilnehmer, die ohne Scheu vor der Gruppe sprechen und die Freude am Spielen weitergeben können - Bühne frei!
Energizer
Zugegeben – einige Spiele sind wirklich albern. Aber warum sollte man nicht auch mal albern sein?
- Die Atmosphäre wird aufgelockert.
- Die Teilnehmenden gewinnen Abstand zu sich selbst, denn wenn alle etwas Albernes tun, kann sich der einzelne einreihen und muss sich keine Sorgen über seine Wirkung machen.
- Wer Abstand gewinnt und sich nicht nur auf sich selbst konzentriert, ist offener für andere.
- Alle erleben etwas zusammen – gemeinsames Lachen verbindet.
Abschluss
Abschließende Spiele und Übungen sind dazu gedacht, Teile eines Programms oder auch die gesamte Veranstaltung rückblickend zu betrachten und sich darüber auszutauschen. Auch Reflektionen, die nur Teile des Programms oder die Atmosphäre in der Gruppe betreffen, sind ebenfalls sehr lohnenswert – zum Abschluss und immer mal wieder zwischendurch
- Leiter können überprüfen, ob das Geplante von der Gruppe angenommen wird
- Einen Bogen zum Beginn schlagen, als nach Erwartungen und Befürchtungen gefragt wurde
- Die Teilnehmenden können über die Zusammenarbeit in der Gruppe sprechen
- Was nicht gut läuft, kann besprochen und im weiteren Verlauf korrigiert werden
- Die Teilnehmenden haben so die Möglichkeit, Einfluss auf den Verlauf zu nehmen
- Teilnehmer und Leiter können sich gegenseitig Lob und (konstruktive) Kritik geben
- Ein Blick in die Zukunft: Teilnehmer können überlegen, wie und wo sie das neu Erlernte nutzen können
- Es werden Anregungen für Folgeveranstaltungen gesammelt
Je mehr Übung im Umgang mit dem Einsatz von Spielen ein Leiter sammelt, desto mehr wird er sehen: Viele der Angaben, was Gruppengröße, Zeit, den Spielverlauf und die Regeln betrifft, sind flexibel. Die hier gesammelten Spiele und Übungen können auch als Ideenfundgrube genutzt und nach Herzenslust geändert werden.
Spiele gut erklären – 13 Tipps
Gut erklärte Spiele oder Methoden bieten mehr Spaß und Input. Die folgenden Ratschläge können dabei helfen, der Gruppe die Spiele klar und mitreißend vorzustellen.
- Leite nur solche Spiele an, die du selbst magst und verstanden hast.
- Alle Regeln (und Ausnahmen) solltest du im Kopf haben, oder nimm einfach das entsprechende Blatt aus dem Eurogames-Ordner mit.
- Stelle sicher, dass du von Beginn an die Aufmerksamkeit aller Gruppenmitglieder hast und behältst.
- Sprich laut genug und deutlich.
- Achte bei mehrsprachigen Gruppen auf die Übersetzung.
- Setze die Spiele kurz in einen Kontext, zum Beispiel „Wir spielen jetzt ein Spiel, um wach zu werden“, „Wir machen eine Übung, um unsere Konzentration zu sammeln“, „Dieses Spiel hilft uns dabei, mehr übereinander zu erfahren“…
- Erkläre zuerst das gesamte Spiel, beantworte dann eventuelle Rückfragen aus der Gruppe.
- Während des Erklärens können dir Beispiele helfen.
- Frage nach, ob alles verstanden wurde, bevor das Spiel losgeht.
- Führe einen Probelauf durch.
- Sei flexibel und lasse bei der Regelauslegung die Gruppe mitentscheiden.
- Zwinge niemanden zum Spielen, der wirklich nicht will.
- Spiele mit!